Die meisten Hühner sind seit Jahren
im KZ. Insekten schwinden.
Einen Fuchskadaver finden
wir am Wegrand, überfahren.
Der Fuchs frisst Müll, wird toll vor Wut.
Die Städte sind der neue Wald,
(mit erhöhtem Stickoxidgehalt).
Was man vom Laster lud,
Ist ein Breitbandherbizid.
Am Graben kniet der Wissenschaftler
und forscht, woran der Fuchs verschied.
(Ich sprach schon von dem Riss. – Auch hierhin klafft er.)
Im Deutschunterricht befassten wir uns mit der Thematik der Gegenwartslyrik. Hierbei wählten wir einen Gedichtband aus, welcher zu dieser Gattung gehört. Ich stieß also auf den Gedichtband „Der rote Fuchs“, der von Bernd Lüttgerding geschrieben und bei der „parasitenpresse“ im Februar 2019 verlegt wurde. Zunächst war ich aufgrund der Wortwahl in Lüttgerdings Gedichten etwas verdutzt, da diese eher ungewöhnlich ist. Viele Gedichte, die ich las, erinnerten mich zunächst an kriegsähnliche Zustände, welche ich mit Trauer, Angst, Zerstörung und Unheimlichkeit assoziierte. Ich vermutete von vornherein, dass der Autor mit diesem Band besonders auf die durch den Menschen zerstörte Welt hinweisen möchte, deren Flora und Fauna völlig ruiniert bzw. dem Ende nahe ist.
Der Gedichtband ist ein Taschenbuch, das aus 58 Seiten besteht und ein flammenähnliches Cover besitzt. Es existieren lediglich 100 Auflagen. Der Band thematisiert einen Fuchs, welcher in der kaputten Welt der Menschen lebt und beschreibt somit die Situation der Umwelt zur heutigen Zeit. Interessant und vor allem neu für mich waren die vereinzelten Illustrationen, welche zusätzlich ein sehr aussagekräftiges Bild in meinem Kopf erschufen, ebenso die sehr bildhafte Sprache Lüttgerdings. Zudem gibt es keine klassischen Titel für die einzelnen Gedichte. Diese tragen lediglich Nummerierung wie: „27.“ (siehe Seite 34), was dazu führt, dass der Leser den Eindruck gewinnt, dass der Mensch keine realistische Vorstellung bzw. keine starke Bindung zu der heutigen Umwelt hat.
Das Gedicht „27.“ von Lüttgerdings Band „Der rote Fuchs“ besteht aus drei Strophen mit je vier Versen. Die erste und zweite Strophe besitzen einen umarmenden Reim und die dritte Strophe einen Kreuzreim, was dazu führt, dass der Leser den Eindruck bekommt, dass die erste und zweite Strophe zusammengehören und die dritte Strophe vereinzelt gelesen werden kann und damit hervorgehoben wird. Den Jambus, der durch unterschiedliche Kadenzen, Hebungen und Auftakte variiert wird, findet man in jeder der drei Strophen (vgl. V. 2, 7, 9). Diese unterschiedlichen Varianten führen dazu, dass das Gedicht sehr unruhig auf den Leser wirkt. Dieser Effekt stellt das Thema der kaputten und teils chaotisch Welt sehr gut dar. Zudem lassen sich viele Enjambements finden (vgl. V. 1+2, 3+4, 6+7, 8+9), welche das Gedicht im Gegensatz zum Metrum eher flüssig erscheinen lassen. Dies könnte für das fortschreitende Elend stehen, das unsere Welt – von den Menschen ausgehend – ertragen muss. Der Titel, der lediglich aus einer Zahl besteht, zeigt dass der Mensch keine reelle Vorstellung von Flora und Fauna besitzt und somit eine anonyme Beziehung zwischen den Menschen und der Natur herrscht.
Lüttgerding verwendet in seinen Gedichten oft eingeklammerte Wortgruppen oder Phrasen, welche wie Kommentare des Autors wirken. Diese Kommentare zeigen die Missstände der modernen Welt nochmals deutlich auf und betonen, dass der Mensch diese gar nicht mehr wahrnimmt. Dazu kommen prägnante Formulierungen wie „KZ“ (V. 2) oder „Fuchskadaver“ (V. 3), die den Leser abschrecken und Ekel, Angst oder Trauer in ihm hervorrufen. Der Autor verwendet kaum sprachliche Mittel, da er das Gedicht nicht ausschmücken möchte und die negativen Aspekte klar darstellen will.
Ich persönlich kann den Gedichtband wirklich empfehlen, da er sich mit der ungesunden Beziehung zwischen Mensch und Tier beschäftigt, welche auch ich eher kritisch betrachte. Zudem finde ich es sehr spannend, wie er diese Missstände darstellt und mit welcher Wortwahl er dies tut. Auch erwähnenswert sind verschiedene farbige Illustrationen, welche das Interesse des Lesers zunehmend steigern. Lesern, die sich mit den Problemen der Umwelt auseinandersetzen, kann ich diesen Gedichtband nahelegen, da Lüttgerding die Umweltprobleme sehr gut durch schlagfertige Wortwahl in Kombination mit den genannten Illustrationen aufzeigt.