Zu „Kalendarium #4“ von Adrian Kasnitz – Marc P.

Gedichtbände geraten heutzutage in Vergessenheit, dabei erscheinen regelmäßig kreative Werke mit innovativen Gestaltungen. Der Gedichtband Kalendarium #4 von Adrian Kasnitz aus dem Jahr 2018 besitzt eine besondere Form, die auch auf den Titel zurückzuführen ist und er befasst sich mit alltäglichen Themen, der Natur und der Gesellschaft. Nach dem genaueren Lesen fiel mir vor allem auf, dass die Gedichte nur selten einen klassischen formalen Aufbau haben.

Der Gedichtband besteht aus 30 Gedichten, die jeweils eine Seite einnehmen, zusätzlich gibt es vier Seiten auf denen Bilder abgedruckt sind. Das Buch ist in einem kleinen Format gehalten. Das Cover ist sehr schlicht und die Gedichte sind auf klassischem Papier gedruckt. Ein besonderes Gestaltungsmerkmal ist die Gliederung des Bandes. Es gibt für jeden Tag des Monats April ein Gedicht, d. h. die Texte sind vom 1. 4. bis 30. 4. durchnummeriert. Die Gedichte haben nur selten einen klassischen formalen Aufbau. Häufig bestehen sie nur aus einer Strophe und besitzen kein Reimschema. Thematisiert werden vor allem alltägliche Inhalte. Es wird über Liebe, einen ganz normalen Abend oder die Arbeit geschrieben.

Hierzu folgt nun eine Kurzanalyse zu „Die See“ (27. 04.). Der Text befasst sich mit der Stärke und Überlegenheit des Meeres gegenüber der Tierwelt. Beim Lesen fiel mir vor allem auf, dass das Meer immer mächtiger wird.

Formal besteht das Gedicht aus einer Strophe mit zehn Versen. Ein Reimschema ist nicht vorhanden. Zu Beginn wird das Meer als wachsend beschrieben. Der im Gedicht benannte Körper wird zum Spielball des Meeres und hat immer weniger Chancen mitzuhalten. Zu Ende wird die Hingabe zum Meer thematisiert in dem Atlantis als Ort zum Abtauchen genannt wird. Sprachlich gesehen fällt zunächst ein Wortfeld auf, bei dem alle Wörter mit dem Meer assoziiert werden, wie „Barschen“ (V. 4), „Strand“ (V. 5), „Atlantis“ (V. 10). Der erste Vers beginnt mit einer Wiederholung, welche das Wort „zunehmen“ wiederholt. Es verdeutlicht den Aspekt des Wachstums. Eine weitere Wiederholung ist in Vers 5 und 6 zu finden. Hier ist es wieder das Wort „zunehmen“, welches wiederholt wird und somit das Wachstum nochmals unterstreicht. In Vers 8 befindet sich die Alliteration „algige Alpen“. Sie beschreibt das Meer genauer und setzt es mit Bergen gleich, was dem Meer eine gewisse Größe verleiht. „Schuppiger Schwanz“ (V. 9) ist eine weitere Alliteration, die eine Verbindung zum Meer herstellt, da Schuppen an Fische erinnern.

Nun folgt ein Auszug aus dem erläuterten Gedicht „Die See“ (27. 04.):
Zunimmt der Mond, zunimmt die Welle
die wächst und zieht, dein leichter Körper
auf offenem Meer, Spielball und Ping Pong
die fischfahlen Brüste, die Barschen gefallen
fern am Strand, zunimmt die Strömung
zunimmt die Schwäche, müde halb Tier sein
im türmenden Meer, schwellender Berg
algige Alpen, schimmernd vor Lust
dein schuppiger Schwanz, schließ deinen Mund
tauche hinab, Zielort Atlantis

Der Gedichtband Kalendarium #4 hat mich persönlich positiv überrascht. Gerade die Gliederung in Monatsform hat mich sehr angesprochen, da es ein Aufbau ist, der mir bisher noch nicht geläufig war. Ich empfehle den Gedichtband Lyrikinteressierten, die gerne täglich ein neues Gedicht lesen möchten und vor allem an Gegenwartsliteratur interessiert sind.