Archiv der Kategorie: Schulprojekt Buchbesprechung

In der Kategorie „Schulprojekt Buchbesprechung“ finden sich Rezensionen von Gedichtbänden, die von Schülerinnen und Schülern geschrieben wurden. Die Lernenden durften aus einer Bücherkiste den Gedichtband im Verlauf des Unterrichts frei wählen. Die Vervielfältigungs- und Verwertungstexte liegen weiterhin bei den Schülerinnen und Schülern.

Zu „Ab hier nur Schriften“ von Timo Brandt – Johanna R.

Timo Brandt, der Autor des Gedichtbandes, auf den ich mich heute beziehen werde, wurde am 13.02.1992 in Düsseldorf geboren, wuchs aber in Hamburg auf. Von 2014 bis 2018 studierte er am Institut für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien.

Der bereits erwähnte Gedichtband „Ab hier nur Schriften“ wurde im Februar 2019 durch den Aphaia Verlag veröffentlicht und gehört der Reihe der Mitlesebücher an, welche ausschließlich Gegenwartslyrik herausbringt. Äußerlich ist der Gedichtband sehr auffällig gestaltet. Er ist relativ groß und das Cover besteht aus einer Collage verschiedener Wörter. Hierbei ist zu erwähnen, dass die Wörter auf der Vorderseite, bis auf den Autor und den Titel, bunt gestaltet sind. Der Band besteht aus 68 Seiten. Timo Brandt schreibt in seinen Gedichten hauptsächlich über Erinnerungen, wobei er auch einige Male Gedichte für andere Menschen schreibt, aber auch über alltägliche, banale Dinge, welche in seinen Texten als etwas Besonderes beschrieben werden.

Im Folgenden werde ich mich nun auf ein bestimmtes Gedicht konzentrieren:

„Mit der ich einst Lasagne aß“

Mit der ich einmal Jandl las
Ganz oft verstand sie keinen Spaß
Bei der ich mich nachts wiederfand
Die wild in meinen Wünschen stand
Das letzte Wort war nie ein Kuss
An die ich manchmal denken muss
 
Beim ersten Lesen des Gedichtes macht es zunächst eher einen „komischen“ Eindruck, doch nachdem ich es mehrfach gelesen habe, fiel mir auf, dass das zentrale Thema des Gedichtes die Erinnerung an eine Art Liebesbeziehung des lyrischen Ichs zu einer Frau ist. Das lyrische Ich spricht in diesem Gedicht über eine Frau, mit der es einst viel Zeit verbracht hat, aber auch über dessen Sehnsüchte nach dieser Frau. Das Gedicht besteht nur aus einer Strophe mit sechs Versen, ist im Paarreim geschrieben und besitzt als Metrum einen Jambus. Sprachlich lässt sich sagen, dass der Autor keine Satzzeichen und, außer im letzten Vers, das Präteritum verwendet, wodurch man davon ausgehen kann, dass es sich um Erinnerungen des lyrischen Ichs handelt. Außerdem nutzte Timo Brandt eine zwar einfache, aber sehr bildliche Sprache. Durch die vielen sprachlichen Bilder kann der Leser die Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und der im Gedicht beschriebenen Frau nachvollziehen. Dass es sich um eine Frau handelt, erkennt man an den Demonstrativpronomen „der“ und „die“ (vgl. V. 1, 3, 5).

Mit dem Vers „Bei der ich mich nachts wiederfand“ (V. 3) erkennt man, dass die beiden eine Art Liebesbeziehung führten. In dem fünften Vers wird klar, dass die beiden sich nie nah genug kamen, um von einer ernsthaften Beziehung zu sprechen (vgl. V. 5). Durch diesen Vers wird außerdem eine gewisse Melancholie erzeugt. Die Hyperbel „Die wild in meinen Wünschen stand“ (V. 4) offenbart die Gefühle, aber auch die Sehnsüchte des lyrischen Ichs zu der im Gedicht beschriebenen Frau. In dem letzten Vers wird deutlich, dass die Beziehung zu der Frau noch nicht in Vergessenheit geraten ist.

Abschließend kann ich sagen, dass ich anfangs recht skeptisch dem Gedichtband gegenüberstand, denn ehrlich gesagt interessiere ich mich wenig für das Lesen. Doch als wir uns im Deutschunterricht näher damit beschäftigt haben und wir uns dann auch mit einem bestimmten Gedichtband näher auseinandersetzen mussten, fiel mir „Ab hier nur noch Schriften“ sofort ins Auge. Um nicht lügen zu müssen, habe ich es eigentlich nur aufgrund der intensiven Gestaltung des Covers ausgewählt. Nachdem ich mich jedoch länger mit den Texten beschäftigt habe, muss ich gestehen, dass mir die meisten Texte des Bandes wirklich gefallen. Die meisten Texte handeln von alltäglichen Dingen, doch dies auf eine ganz besondere Art und Weise.

Zu Christian Kreis‘ „Nichtverrottbare Abfälle“ – Vivien D.

Kritisch. Schockierend. Witzig. Dies alles beschreibt das Buch „Nichtverrottbare Abfälle“, welches von Christian Kreis (geboren am 23. März in Bernburg, Saale) verfasst und im Jahre 2007 im Mitteldeutschen Verlag publiziert wurde.

Als ich mir den Gedichtband im Zuge des Deutschunterrichts aussuchte war ich zunächst skeptisch; nicht auf dieses spezifische Buch bezogen, sondern auf die Epoche der Gegenwartslyrik im Allgemeinen. Ich schlug das Buch missmutig in der Mitte auf, las als erstes das Gedicht „Defloration“ (S. 27) und musste schmunzeln, da ich nun den Charme und Witz (durch die Ambivalenz der Werke) Kreis’ Gedichte kennenlernte. Je mehr Gedichte ich las, desto sympathischer wurde das Buch und schnell wollte ich alle der Gedichte lesen.

Der Paperback-Einband des Buches ist in einem satten Dunkelblau gehalten und auf dem Cover ist eines der Aquarelle von Ulrike Großwendt abgebildet, von welchen noch fünf weitere, jeweils am Beginn eines neuen Kapitels, im Band vorkommen. Es besteht aus 111 Seiten (inkl. Register) und die Themen sind in Kapitel eingeteilt: „Poetik Persiflage“ (S. 7–19), „Liebe Triebe“ (S. 23–47), „Heimat Herkunft“ (S. 51–63), „Geschichte Gewalt“ (S. 67–81) und „Flanerie“ (S. 85–109).

Somit umfassen diese insgesamt 69 Gedichte (was durchaus aufgrund des humoristischen und anzüglichen Schreibstils auch als ein kleiner Witz betrachtet werden kann) alle möglichen Themen, überwiegend auf die moderne Wegwerf- und Konsumgesellschaft bezogen (doch viele auch äußerst selbstkritisch), und sie variieren auch stark hinsichtlich des formalen Baus.

Die Werke sind unterschiedlich umfangreich von sehr kurz („Der Sommer“ mit drei Versen und nur acht Worten, S. 102) bis enorm lang („Impression von gelindem Ekel“ über fast sieben Seiten, S. 88–94), manche besitzen ein Reimschema und ein Metrum und einige nicht und es sind sowohl in Strophen gegliederte Gedichte, als auch jene mit freier Form enthalten. Daher wahrscheinlich auch die Wahl des Titels, da die Gedichte ebenso große Vielfalt aufweisen wie die „Abfälle“, welche die Menschen hinterlassen, mit dem Unterschied, dass dieses Gedankengut „nichtverrottbar“ ist.

Wahrhaft auffällig ist jedoch die Sprache, der Ausdruck, selbst: Die Formulierungen sind teils zweideutig, meist liegt allerdings ein starker Kontrast zwischen einer intelligenten, gebildeten und kultivierten Wortwahl (z.B.: „Aphasien“, S17; „Chorus magnum militeria“, S.75; „Desertion“, S.39; „eloquent“, S.31) und der unzensierten, direkten und primitiven Darstellung (z.B.: „Schlampe“, S.25; „hinterfotzige Frage“, S.72; „Ich wichse“, S15; „Schwanz“, S. 34). Dies kreiert eine humorvolle, schockende und bei genauerem Lesen düstere/bedrückende Atmosphäre.

Im Folgendem habe ich nun als Beispiel das Gedicht „Die Welt rotiert“ (S. 85) aus dem Band ausgewählt, um eben diese Besonderheit der Kontradiktion und des ambivalenten Aspekts aufzuführen:

Die Welt rotiert, vergeblich, die Gazetten
berichten; beim Verdauen liest du sie
als Zeuge fortgesetzter Idiotie:
Ein jeder kämpft und niemand wird sich retten.
Friß Kinderschokolade zum Verfetten
des Leibs, zur Tröstung der Konfiserie
gesellt sich die Kontemplation, dein Nie
beschneidet allen Zeugungswahn, so betten
die Polster deinen trägen Arsch, Emphase
des Muskelschwunds. Flaneur der Kopfoase:
Am Ohrensessel bist du festgeschmiedet.
Dem Darm entweichen die Zersetzungsgase,
der Kot rotiert, du bist vom Fraß befriedet,
ein letzter Rülps, Urmenschenparaphrase.

Der lyrische Sprecher in diesem Gedicht thematisiert und kritisiert die heutige Konsumgesellschaft und die zunehmende sowohl geistige als auch körperliche Trägheit und den daraus resultierenden Verfall der Menschen.

Das Gedicht besteht aus 14 Versen und ist nicht in Strophen eingeteilt. Es liegt ein 5-hebiger Jambus mit unregelmäßig wechselnden männlichen und weiblichen Kadenzen und zwar ein Endreim, jedoch kein eindeutiges Reimschema vor. Der Jambus und die Enjambements (V. 1–2, V. 2–3, V. 5–6, V. 6–7, V. 7–8, V. 8–9) schaffen eine amüsante, humoristische Atmosphäre und den Eindruck von Dynamik, was invers zu dem recht makabren und ernsten Inhalt des Gedichts steht. Auch in diesem Werk ist der charakteristische Kontrast in der Sprache zu finden: Es kommen sowohl Fachwörter (z.B. „Kontemplation“, V. 7; „Emphase“, V. 9) als auch eher informelle rüde Ausdrücke (z.B. „Fraß“ V. 13; „Rülps“ V. 14; „Arsch“ V. 9) vor.

Retrospektiv kann ich behaupten, dass der Gedichtband mir ausgezeichnet gefallen hat, obwohl ich dem Buch zunächst negativ gegenüberstand. Mir hat die Verwendung von Sprache und Witz außerordentlich zugesagt und auch die Kritik bis hin zur Selbstkritik ist enorm erfrischend. Ich kann dieses Werk jedem empfehlen, der viel Humor (vor allem schwarzen Humor) besitzt und nicht vor direkten, anstößigen (nicht ganz jugendfreien) Ausdrücken und scharfer Kritik zurückschreckt.

Zu „Wie Alpen“ von Steffen Popp – Celine H.

Im Deutschunterricht der Klassenstufe 11 befassten wir uns bereits mit der Gegenwartslyrik. Hierzu bekamen wir nun die Aufgabe, uns mit einem selbstgewählten Gedichtband zu beschäftigen und diesen unter bestimmten Aspekten zu untersuchen. Für diese Aufgabe wählte ich den Band „Wie Alpen“ von Steffen Popp, welcher 2004 veröffentlicht wurde. Schon beim ersten Blick in den Band fiel mir die bildliche Sprache in den Gedichten auf, sowie ein häufig verwendetes Thema: das Meer.

Das Cover des Bandes ist monoton gestalten und bildet diverse Motive und Muster ab. Auch die transparenten Seiten innerhalb des Buches, verlangen einen genaueren Blick in das Werk. Der Gedichtband besteht aus 72 Seiten, auf denen sich 33 Gedichte befinden. Diese sind unterschiedlich lang, einige erstrecken sich über zwei Seiten oder sind in mehrere Teile aufgeteilt wie z.B. die zwei Teile von „Den Toten des Surrealismus“. Außerdem sind diese in vier Kapitel geteilt. Themen wie das Meer, die Welt, verschiedene Städte und Länder (z.B. “Gibraltar“) werden hier verwendet. Die meisten Gedichte enthalten eingerückte Verse, eine auffällig bildliche Sprache und viele Aufzählungen, welche viele Eindrücke vermitteln.

Um einen Eindruck von den enthaltenen Gedichten zu vermitteln, habe ich das Gedicht „Das Meer bewohnt mich, wie Licht eine Stadt“ genauer untersucht. Dabei könnte die Wirkung des Meeres im Gegensatz zu der Stadt beschrieben werden, wobei das lyrische Ich sich eher dem Meer verbunden fühlt. Vor allem wird dabei die Idylle des Meeres thematisiert und die Hektik der Stadt. In diesem Werk ist kein regelmäßiges Metrum oder Reimschema zu finden, jedoch einige Enjambements wie z.B. das Strophenenjambement (V. 2–3). Diese formalen Aspekte verleihen dem Werk eine gewisse Unregelmäßigkeit und geben den Eindruck von einem ablaufenden Gedankengang.

Außerdem sind auch klassische stilistische Mittel zu finden. Häufig vorkommende sind dabei Personifikationen, die die Lebendigkeit der Stadt unterstreichen. Außerdem werden Gegenständen und Gebäuden untypische Eigenschaften oder Fähigkeiten zugesagt, z.B. „Die offenen Balkone leuchteten“ (V. 1). Da hingegen wird die Fähre auf dem Meer als schlafend beschrieben (Vgl. V. 2), was die Ruhe des Meeres bei Nacht verdeutlicht. Lediglich die „Lichtketten“ (V. 7), was eine Metapher für die Lichter der Boote ist, sind unter den Brücken zu sehen. Zur gleichen Zeit bemerkt das lyrische Ich die Instrumente in den Tunneln (Vgl. V. 6), welche die Lautstärke der Fahrzeuge am Land symbolisieren. Durch diese bildliche Sprache werden die Gegensätze von dem Meer und der Stadt weiterhin verdeutlicht bzw. das Gegensatzpaar Ruhe und Hektik. Die Ruhe des Meeres wird noch einmal verdeutlicht, da das lyrische Ich sich allein (Vgl. V. 9) an dem Ort befindet und von dort aus das Meer wirken sehen kann (Vgl. V. 1–12). In der Ferne beobachtet es mehrere Frachtkräne, welche in der Dunkelheit den Kontinent zu begrenzen scheinen, wodurch die Endlichkeit und Unerreichbarkeit des Meeres verstärkt wird.

Zusammenfassend kann somit die Deutungshypothese vom Anfang bestätigt werden. Das lyrische Ich fühlt sich dem Meer verbunden, insbesondere dem nächtlichen Vorgang auf dem Ozean. Hauptsächlich hat das lyrische Ich dies auch, im Gegensatz zur Stadt, als ruhig und entspannend beschrieben. Im Zusammenhang mit dem Titel, kann also nun daraus geschlossen werden, dass das Meer eine Art Teil von dem lyrischen Ich ist, wodurch eine gewisse Verbundenheit entsteht.

Ich würde diesen Band weiterempfehlen, vor allem da die bildliche Sprache der Gedichte mich besonders angesprochen hat. Diese vermitteln Bilder zu jedem einzelnen Gedicht und lassen somit die Situationen realistischer wirken und erlauben, dass sich der Leser besser hineinversetzen kann. Obwohl die Werke zuerst schwerer verständlich wirken, da die sprachlichen und formalen Mittel komplex gestaltet sind, ist es mit einem genaueren Blick auf einzelne Werke möglich, diese nachzuvollziehen. Im Allgemeinen ist es außerdem auch einfach sich in dem Lyrikband zurechtzufinden, durch das Inhaltsverzeichnis und den einfachen formalen Aufbau des Inhalts.

Zum Schluss ist hier ein kleiner Ausschnitt aus dem Lyrikband „Wie Alpen“ abgebildet:

„Das Meer bewohnt mich, wie Licht eine Stadt“

Die offenen Balkone leuchteten, Inseln am Stadtring
die Luft lag herum, eine Fähre, vermutlich schlief sie

ich legte meinen Kopf in ihren Rumpf
fand eine Strömung, das Regime der Flüsse
unter den Brücken und in den Tunneln
die Instrumente
Lichtketten, die sich bewegten.

Am Hafen
war ich allein mit dem Wasser, das dort an Land geht
Frachtkräne schienten den Kontinent
an seinen Rändern, im Hintergrund wirkten
die Meere.

„Die Fortsetzung der Lyrik mit modernen Mitteln“, zu einem Gedichtband von Armin Steigenberger – Christoph G.

Heutzutage Menschen mit Lyrik zu begeistern ist schon eine schwere Aufgabe an sich, aber wenn dann noch eine ganze Generation deren einziger Bezug zu Lyrik die modernen Rap-Songs sind gefragt wird, ob denn Lyrik noch eine bedeutende Rolle zukommt, stehen die meisten mit fragenden Gesichtern da.

Um in unserer modernen Zeit mithalten zu können müssen sich Lyriker immer wieder neue raffinierte Kniffe ausdenken, um ihre Werke noch an den Mann zu bringen. Viele verlieren den Bezug zur Lyrik nachdem ihre Schullaufbahn beendet ist und finden nur selten die Motivation oder die Zeit, um sich einigen lyrischen Werken zu widmen. In dieser erstmaligen Ausnahmesituation, in der sich die Lyrik heute befindet, bestehen zu können, versuchen Autoren wie Armin Steigenberger sich über Lyrikzeitschriften und Internetseiten zu behaupten und sich dabei an uns und unsere medial geprägte Welt zu richten, während sie diese mit beachtlichen Wortkonzepten in ein neues Licht rücken.

Herr Steigenberger wurde 1965 in Nürnberg geboren und lebt heute in München, er studierte Architektur und ist heute im kreativen Schreiben tätig. Um der Lyrik nahe zu bleiben, leitet er noch immer Literaturseminare und ist Mitherausgeber der Literaturzeitschrift ,,außer.dem‘‘ und engagiert sich weiterhin als Mitglied der Lyrikgruppe ,,Reimfrei‘‘.

,,Die Fortsetzung des Glücks mit anderen Mitteln‘‘, so lautet der Titel eines seiner Werke, wurde erstmals 2013 in Berlin vom Verlag Horlemann veröffentlicht. Wie der Titel vermuten lässt handelt es sich bei diesem Gedichtband um eine Fortsetzung und befasst sich mit verschiedenen Aspekten unserer modernen Gesellschaft. Ein Gedicht, das meiner Meinung nach ein Vorzeigegedicht für diesen Band ist, findet man ziemlich am Anfang des ca. 90 Seiten langen Gedichtbandes. ,,an uns‘‘ ist ein Werk von Armin Steigenberger und zeigt wie viele seiner Werke eine Besonderheit auf: durchgehende Kleinschreibung.

an uns
wir gelangen in kargere gegenden.
unsere petitionen waren kein erfolg.
sie wiesen gebrauchsspuren auf.
wir leben ohne filter durch unsere
kulturell überformten tage.
unsere jajas haben zugenommen
wie die eintagsfliegen, die wir töten
oder mieten oder leasen. die fliegen dagegen
lassen uns seitdem links oder rechts
liegen. wir leben im zeitalter der
bedeutungsaufweitung. Und sind still
dabei. das haben wir lange genug
geübt. die stille schwirrt lärmend um uns
und sitzt millionenfach auf jedem quadrat
zentimeter. die laufzeit für unser ich liebe dich
wurde nie verlängert. es ist kalt geworden
um uns her. das könnte an uns liegen.

Wir gelangen in kargere Gegenden. Unsere Petitionen waren kein Erfolg, so beginnt das Gedicht und lässt erstmal einen negativen Eindruck auf den Leser wirken. Wir entwickeln uns in eine negative Richtung unseres Selbst und unserer Gemeinschaft. Die Versuche, etwas zu verändern, scheiterten.

Wir leben ohne Filter durch unsere kulturell überformten Tage. Unsere jajas haben zugenommen, wie die Eintagsfliegen die wir töten oder mieten oder leasen. Wir erleben häufig internationale Begegnungen, sei es persönlich im Alltag oder im Urlaub oder wir sehen in den Nachrichten einen internationalen Besuch. Sowas begeistert uns im Alltag, es lenkt uns für kurze Zeit ab von den Eintagsfliegen, die uns zu häufig umgeben. Interessante Nachrichten, ein Urlaub oder nur ein Ausflug holen uns schnell aus unserem Alltag heraus.

Wir leben im Zeitalter der Bedeutungsaufwertung. Und sind still dabei. Das haben wir lange genug geübt. Die Stille schwirrt lärmend um uns und sitzt millionenfach auf jedem Quadratzentimeter. Unsere Welt läuft auf Highspeed, immer schneller, immer besser und wir haben gelernt, das alles anzunehmen ohne kritisches Hinterfragen. Weiterhin könnte damit gemeint sein, dass wir immer mehr auf Medien für unsere Kommunikation setzen, lieber eine WhatsApp Nachricht, anstatt einen Anruf an die Eltern oder den Freund im Ausland. All das geschieht schon seit Jahren und wir haben uns daran gewöhnt, andere nicht und wieder andere wachsen in dieser Highspeed-Welt auf.

Die Laufzeit für unser Ich liebe dich wurde nie verlängert. Es ist kalt geworden um uns her. Das könnte an uns liegen. So gestaltet Armin Steigenberger das Ende von ,,an uns‘‘, er schließt das Gedicht mit einem ebenso negativen Ende, wie er es begonnen hat. Er wirft uns eine Entfremdung von unseren Mitmenschen vor und dass wir Schuld an unserer Einsamkeit (Kälte) sind.

Ein Gedicht, das an unsere heutige Welt angelehnt ist und diese in neuer Form aufzeigt. Meiner Meinung nach stellte sich dieser Gedichtband, explizit mit dem Gedicht ,,an uns‘‘, als interessanter als erwartet heraus. Eine abwechslungsreiche, aber dennoch einfach zu verstehende Schreibweise ermöglichen es Lesern aller Altersgruppen sich an den Werken des Autors zu erfreuen.

Zu André Schinkels „Parlando“ – Patrick N.

Moin Leude, herzlich Willkommen zu meinem Blog!

Heute habe ich mir mal wieder die Mühe gemacht, Euch einen Gedichtband vorzustellen. Es war gar nicht so leicht einen passenden zu finden, jedoch habe ich mich für den Gedichtband „PARLANDO“ entschieden, welcher 2012 von André Schinkel veröffentlicht wurde. Der Autor wurde 1972 in Eilenburg geboren. Er studierte in Halle Kunstgeschichte, Germanistik und Archäologie. André Schinkel arbeitet heutzutage in Halle als Autor, Lektor, Gutachter, Kritiker und Redakteur.
Als ich den Gedichtband zum ersten Mal in den Händen hielt und „hineinblätterte“, war ich zunächst von den Bildern und Essays verwirrt, da ich mir unter einem Gedichtband ein Buch mit ausschließlich Gedichten vorgestellt hatte. Zudem war ich von der puristischen und doch wertigen Qualität des Bandes sehr überrascht.

Das Buchcover ist schlicht aus schwarzer Kartonage und findet seine Erweiterung in zwei lilafarbenen Seiten, die die Texte einbetten. Vor dem Hintergrund, dass die Farbe Lila für Magie steht, schließe ich daraus, dass der Autor mit seinem Werk die Leser „verzaubern“ möchte.
Zudem sind vier Grafiken von Karl-Georg Hirsch enthalten. Er begleitet mit seinen Bildern drei Texte: „Im Pub“ (S. 20), „Versteckte Tiere“ (S. 42), „Mondgartenlied“ (S. 62). Besonders hervorzuheben ist die Grafik „Schonzeit“, welche anfangs direkt nach dem Cover gezeigt wird. Den ersten 50 Exemplaren dieses Bandes lag ein signierter Originalabzug dieses Holzstiches bei. Es wurden auch 15 römisch nummerierte Künstler-Exemplare hergestellt. Dem Buch ist zu entnehmen, dass die Auflage 500 Exemplare umfasst. Mein Exemplar trägt die Nummer „102“.
Der Gedichtband hat 94 Seiten und beinhaltet 44 Werke, welche sich aus Essays und Gedichten zusammensetzen. Die Gedichte sind nicht in Zyklen aufgeteilt und es herrschen lediglich inhaltliche Zusammenhänge zwischen einzelnen Gedichten (z.B.: Asyl I-III). Inhaltlich kann man sagen, dass die Texte sehr vielseitig sind. Neben zahlreichen Liebesgedichten bin ich auch auf schwermütige Texte gestoßen. Außerdem findet man Texte, die einem Erfahrungsbericht des Autors entsprechen und in der Ich-Form verfasst sind. Hieraus resultieren auch die unterschiedlich verwendeten Schreibstile, welche von einfacher bis zu gehobener Sprache reichen.

Ich habe mir ein Gedicht für Euch genauer angeschaut. Aufgefallen ist mir auf der Seite 42 das Gedicht „Versteckte Tiere“, weil mich die dazugehörige Grafik neugierig gemacht hat.
Dieses Gedicht wurde wie sämtliche andere Gedichte von André Schinkel im Zeitraum von 1991 und 2011 verfasst und 2012 im Gedichtband „PARLANDO“ veröffentlicht.

Versteckte Tiere
Der Karpfen flieht im Flusse fort,
Taucht auf an einem andern Ort.

Der Vogel, deinem Blick enthoben,
Versteckt sich gern im Baume oben.

In Asien lebt das Moschustier,
Du siehst es nicht, kannst nichts dafür.

In Afrika der Sandfisch haust
Im Wüstensand wie fortgemaust.

Die Robbe türmt im Schollentakt
Am Nordpol, wo der Frost dich packt.

Leise das Chamäleon
Kommt im Tarnanzug davon.

Der Jaguar hält brav den Mund,
Erwartet dich im Urwaldschlund.

Der Tapir ist mit seiner Würze
Getarnt durch seine Tapirfürze.

Das Huhn, der Hund, der Elefant,
Die sind ganz einfach fortgerannt.

Das Gedicht handelt von den Verstecken verschiedener Tiere. Der lyrische Sprecher geht dabei meist auf das natürliche Verhalten der Tiere in ihren Lebensräumen ein (vgl. V. 1–2).
Das Gedicht besteht aus neun Strophen mit jeweils zwei Versen. Es wurden ein durchgängiger Paarreim und ein unregelmäßiges Metrum verwendet. Zudem weisen die Verse meistens die gleiche Länge auf. André Schinkel verwendet starke Enjambements in Vers 7, 9, 11 und 15 und schwache Enjambements in Vers 3 und 17. Die zahlreichen Enjambements und der durchgängige Paarreim erzielen fließende Übergänge.
Es wurde eine einfache Sprache mit nur wenigen sprachlichen Mitteln verwendet, um es für den Leser zugänglicher zu machen. Ein Beispiel wäre die Aufzählung „Das Huhn, der Hund, der Elefant“ in Vers 17. Jedoch sind zahlreiche Wortfelder in dem Gedicht zu finden. Das Wortfeld in Vers 9 und 10 besteht aus den Wörtern „Robbe“, „Schollentakt“, „Nordpol“ und „Frost“. Diese verschiedenen Substantive beschreiben die eisige Region, in welcher die Robbe lebt. Das Gegenspiel zu diesem Wortfeld stellt ein anderes in Vers 7 und 8 mit den Wörtern „Afrika“, „Sandfisch“ und „Wüstensand“ dar, welches die heiße Region der Erde aufzeigt. Allgemein lässt sich sagen, dass die verschiedenen Wortfelder die Lebensräume der unterschiedlichen Tiere darstellen. Zudem wirkt der Text durch einige Verse sehr humoristisch. Diese Wirkung wird durch Wörter wie „Tapirfürze“ (V. 16) und die letzte Strophe erzielt. Zudem wird somit das Geschehen im Gedicht aufgelockert und für den Leser unterhaltsamer gestaltet.

Wenn ihr Euch für dieses Buch entscheidet, solltet Ihr beachten, dass der Leser sich auf tiefgründige Texte einlassen muss. Es ist keine Textsammlung, die man sich „so nebenbei“ zu Gemüte führt, sondern sie bezieht anspruchsvoll den Leser in die Gedankenwelt des Autors ein. Solltest Du Dich für Lyrik auf diesem Niveau mit etwas Abwechslung interessieren, empfehle ich Dir diesen Gedichtband.

Euer Lyrik-Blogger Patrick!

Zu „Kalendarium #1“ von Adrian Kasnitz – Hannah U.

Im Deutschunterricht der Klasse 11 beschäftigten wir uns mit Gegenwartslyrik. Dabei hatten wir verschiedene Gedichtbände zur Verfügung gestellt bekommen. Im Rahmen der Aufgabe, uns mit der Gegenwartslyrik zu beschäftigen und unseren Gedichtband auf bestimmte Aspekte zu untersuchen, bin ich auf den Band „Kalendarium #1“ von Adrian Kasnitz gestoßen, der im Juli 2015 veröffentlicht wurde.

Beim ersten Lesen des 44-seitigen Buches fiel mir auf, dass die Gedichte alle ziemlich kurz sind und meist nur weniger als eine halbe Seite ausfüllen. Der Band ist der erste Teil einer 12-teiligen Reihe, die als „Monatsbücher“ zu sehen sind und in einer losen Reihenfolge erscheinen. Bei „Kalendarium #1“ handelt es sich um den ersten Teil dieser Reihe und dieser stellt den Monat Januar dar.

Das Werk besteht aus 31 Gedichten, die mit einem Datum bezeichnet wurden, sowie mit einem Titel, der in Klammern steht. Dabei stellt jedes Gedicht einen Tag dar. Die Themen der Gedichte sind sehr unterschiedlich und variieren je nach den Erlebnissen des Dichters. So behandelt er zum Bespiel seinen Geburtstag in dem Gedicht „Neununddreißig“ (10.01) oder das Thema des neubeginnenden Jahres in dem Gedicht „Beginn“ (01.01), das gleich am Anfang des Bandes steht. Der Autor benutzt eine sehr bildliche Sprache und viele eingerückte Verse. Es gibt Gedichte, die nur aus einer Strophe bestehen, wie z.B. Moos (04.01) oder auch Strophen, die aus mehreren Versen bestehen, wie z. B. „Die Stühle mögen`s nicht“ (20.01). Bei Gedichten mit nur einer Strophe sind eingerückte Verse die Regel, was bei Gedichten mit mehreren Strophen, die einem klassischen Aufbau gleichen, eine Seltenheit ist. Der Band hat ein eher schlichtes und unauffälliges Cover, was im ersten Moment Fragen aufwirft, weil der Zusammenhang des Inhalts und des Covers eher unklar ist.

Um Ihnen den Gedichtband noch näher zu bringen, habe ich mir das Gedicht „Beginn“ (01.01) zur Kurzanalyse ausgesucht:

In dem Gedicht „Beginn“ von Adrian Kasnitz geht es um den Start in ein neues Jahr. Es erschien im Juli 2015.

Man könnte das Gedicht so interpretieren, dass das lyrische Ich gerade Silvester erlebt hat und nun im neuen Jahr ist, was sich durch den Titel erklären lässt. Der Sprecher sagt erst, dass er die Veränderungen nicht spürt, aber er fordert durch die „weiße Wand“ (V. 6) den Leser dazu auf, das Jahr selbst zu gestalten und sein Schicksal selbst zu bestimmen.

Das Gedicht hat neun Verse, jedoch nur eine Strophe. Es besitzt kein regelmäßiges Reimschema und es handelt sich um einen Jambus. Es gibt viele eingerückte Verse und viele starke Enjambements (V. 1–9). Außerdem gibt es keine Satzzeichen. Die fehlenden Satzzeichen, sowie die starken Enjambements sorgen dafür, dass die Sätze sehr verbunden sind und können mit einer Verwirrung, die das lyrische Ich am Anfang des neuen Jahres spürt, in Zusammenhang stehen. Das regelmäßige Metrum zeigt, dass das lyrische Ich trotz des Jahreswechsels keine Veränderungen spürt.

In Vers 1 beschreibt er seine Gefühle an diesem Tag, dabei benutzt er „Maske“ als Metapher (V. 1), die zeigt, dass er sich an diesem Tag nicht fühlt, als wäre er selbst. Mit den Schmerzen und dem kühlen Tuch in Vers 3 sagt er aus, dass er keine körperliche Veränderung spürt, was im folgenden Vers untermalt wird, denn er sieht das „neue“ nicht (Vgl. V. 4). In den nächsten Versen sagt er, dass er gerne „nackt vor dem Jahr stehen würde“ (Vgl. V. 4). Damit sagt er aus, dass er die kommenden Veränderungen in diesem Jahr begrüßt. In Vers 6 beschreibt er das Jahr wieder mit einer Metapher („weiße Wand“), die man im nächsten Vers mit einem Stift bemalt werden soll. Das zeigt, dass alle Türen offenstehen und man das Jahr sich selbst gestalten kann, indem man sich z.B. gute Vorsätze macht.

Meine Deutungshypothese wurde hiermit bestätigt. Das lyrische Ich merkt keine körperliche Veränderung am Beginn eines neuen Jahres, da er noch die Schmerzen spürt, aber er sagt aus, dass man sich das Jahr selbst gestalten soll.

Ich würde diesen Band weiterempfehlen, weil die Gedichte gut zu verstehen und teilweise sogar lustig sind (z.B. „Celina“). Das Buch ist außerdem nicht teuer (10€) und es gibt für jeden Tag ein Gedicht.

01.01 Beginn

An diesem Tag fühle ich mich wie mit Maske
Ein kühles Tuch liegt auf dem Gesicht

Weder Schmerzen weichen

noch das Neue sehe ich, sehne mich nackt
vor dem neuen Jahr zu stehen und es wie eine

weiße Wand zu betrachten

nimm du ein Stift

beginne, auf mir zu schreiben, Wörter
an mich zu heften, Vorsätze durchzudeklinieren

Zu „Jetzt bleiben Fragmente“ von Hasune El-Choly – Celina K.

Kurznotiz

In einem Zimmer voller Hoffnung,
am Ende eines langen Flures,
eingehüllt in sterilen Träumen,
angeschlossen an Maschinen,
liegt eine leise Ahnung von Abschied

in Erinnerungsfetzen.

Das Werk „Kurznotiz“ stammt aus dem Gedichtband „Mitlese Buch, Jetzt bleiben Fragmente 144“, welcher 2018 vom APHAIA Verlag veröffentlicht wurde. Der Autor ist Hasune El-Choly, welcher 1983 in Beirut, Libanon, geboren wurde. 1985 immigrierte die Familie nach Deutschland. Heute wohnt El-Choly in Hamburg und schreibt dort Lyrik und Prosa.

In seinem Gedicht beschreibt er das Gefühl des Abschiednehmens. Dabei gibt es ein starkes Zusammenspiel zwischen Hoffnung und Realität. Allgemein lässt sich sagen, dass das Gedicht aus einer Strophe mit sechs Versen besteht. Jedoch gibt es hier eine Besonderheit, da nach dem fünften Vers eine Leerzeile folgt und dann erst der sechste Vers folgt.

Es ist weder ein festes Reimschema noch ein eindeutiges Metrum erkennbar. Der letzte Vers hebt sich nicht nur in der Hinsicht von den anderen ab, dass diese durch eine Leerzeile getrennt ist, sondern auch in der Form, da „in Erinnerungsfetzen“ kursiv gedruckt ist. Dies erzielt eine besondere Wirkung, denn hierdurch wirkt die Zeile wie eine Überschrift bzw. Zweittitel des Gedichts. Der lyrische Sprecher beschreibt hier seine Erinnerung die nur noch in „Fetzen“ vorliegt, was darauf zurückzuführen ist, dass dieses Geschehnis eine Weile zurückliegt (V. 6). Schon im ersten Vers wird die zu Beginn angesprochene Hoffnung deutlich. Diese ist so stark, dass die Metapher eingesetzt wird, dass die Hoffnung das ganze Zimmer ausfüllen kann (V. 1):

Schon beim schnellen Überfliegen des Gedichtes lässt sich erkennen, dass es sich wahrscheinlich um die Beschreibung eines Krankenhausaufenthalts handelt. Es werden viele wesentliche Eigenschaften genannt, die typisch für diesen sind. So zum Beispiel in Vers 3 „sterile“ Träume. Um deutlich zu machen wie schwerwiegend und kritisch der Zustand der Person ist, wird gesagt, dass diese an Maschinen angeschlossen ist (V. 4). In Vers 5 geht die Hoffnung des lyrischen Sprechers langsam in die Realität über. Es wird klar, dass es Zeit wird, Abschied zu nehmen. Abschließend lässt sich sagen, dass sich das Gedicht auf die schlimmen Erinnerungen und den Verlust einer bestimmten Person bezieht.

Nun werde ich mich genauer auf den Gedichtband beziehen, den ich zu Beginn schon einmal kurz angesprochen habe. Äußerlich lässt sich sagen, dass der Band in einem schlichten Blauton und einem ungewöhnlich großen Format gehalten ist. Das Buch enthält 58 Seiten und einen Bucheinschlag, der wesentliche Fakten, wie Verlag und ISBN beinhaltet. Oft werden verschiedene Erinnerungen aufgezeigt, die das Leben und die Gedanken einzelner Personen beschreiben. Besondere Auffälligkeiten sind in der Sprache erkennbar. Hier wird deutlich, dass der Autor besonderen Wert auf Personifikationen und Metaphern legt. Es werden oft Probleme und Themen des alltäglichen Lebens angesprochen, die jeden von uns betreffen können. Deshalb fällt es einem oft leicht, sich mit den Texten zu identifizieren. Auch formal ist eine Besonderheit aufgetreten. Hier wird deutlich, dass der Autor einzelne Wörter oder Wortgruppen am Ende besonders in den Fokus stellt. Diese werden kursiv gedruckt und heben sich oftmals durch eine Leerzeile von den anderen ab.

Abschließend möchte ich euch noch meine persönliche Meinung zu dem Gedichtband deutlich machen. Ich würde das Buch weiterempfehlen, da es sich gut lesen lässt und oft mein Interesse zu verschiedenen Themen geweckt hat. Das Buch ist sehr wahrheitsgetreu geschrieben und berichtet ehrlich über Abschnitte des Lebens. Der Gedichtband ist ein perfektes Beispiel für ein sehr gutes Werk der Gegenwartslyrik. Es werden viele Merkmale dieser Strömung deutlich. Das lyrische Ich oder der lyrische Sprecher gibt seine Situation wieder, in der es sich selbst befindet. Oft ist die Person in den Gedichten auch unzufrieden mit der Situation. Hier ist aber auch zu erwähnen, dass viel Interpretationsraum geschaffen wurde und Ihr die ganzen Situationen vielleicht ganz anders deuten würdet.

Ich hoffe ich habe euch jetzt etwas neugierig gemacht und konnte euch anregen dieses Buch zu lesen. Vielleicht hinterlasst ihr dann ja auch so einen Kommentar, so wie ich es gerade tue.

Vielen Dank für das Lesen!

Celina K.

Zu „1“ von Julia Dathe – Conrad H.

In einer Zeit der digitalen Medien die Menschen für Lyrik zu begeistern, gestaltet sich als eine schwierige Angelegenheit, jedoch versuchen dies viele junge Dichter heutzutage, wie zum Beispiel Julia Dathe. Sie veröffentlichte im Jahr 2017 über den Elif Verlag ihren Gedichtband „1“.

Der Band besitzt 21 Gedichte, welche über 67 Seiten verteilt sind. Dabei erstrecken sich lediglich zwei Gedichte über mehrere Seiten, der Rest nimmt oftmals nur eine halbe Seite ein. Das Buchcover ist sehr schlicht und eintönig in schwarz mit einer großen weißen „1“ als Titel gestaltet, aus der man nichts über die Themen im Band schließen könnte. Auch auf den Seiten sind keine Bilder oder kunstvolle Gestaltungen zu sehen, nur die Gedichte auf einem weißen Blatt. Somit konzentriert sich der Leser nur auf die Werke und wird nicht unnötig abgelenkt.

Im Nachwort des Bandes werden drei Zyklen beschrieben, die sich jedoch für den Leser auf den ersten Blick nicht erkenntlich zeigen, da man keine einheitlichen Themen erkennen kann, auch weil die Titel der Gedichte teilweise nicht mit den Themen die sie behandeln übereinstimmen. Es sind also Einzelgedichte, die sich jedoch nicht nur mit sich selbst beschäftigen, sondern jeweils mit dem nächsten Gedicht in irgendeiner Weise verbunden sind. Diese Verbindungen zwischen den Gedichten sind es, welche die drei Zyklen beschreiben. Im Folgendem werde ich das Gedicht „Im Mai“ abbilden und analysieren, um näher auf Dathes Schreibstil einzugehen.

„Im Mai“

Du
bei einer irgendeiner Emotionshandlung
Du hack‘ mir den Kopf ab
Du schlitz‘ mir den Bauch auf!

 

Das Gedicht „Im Mai“ steht im Band auf der Seite 45. In diesem Gedicht fordert das lyrische Ich den Leser auf, ihn in Folge der Emotionen, die dieser verspürt, umzubringen. Zum formalen Aufbau des Gedichtes kann man sagen, dass es aus einer Strophe mit vier Versen besteht, jedoch keine Reime oder ein einheitliches Metrum bestehen. In der Strophe fordert, wie schon gesagt, das lyrische Ich den Leser auf, seinen Emotionen Taten folgen zu lassen und es umzubringen.

Nun zu der sprachlichen Gestaltung. Da der erste Vers nur aus dem einzelnen Wort „Du“ besteht, wird der Leser gleich zu Beginn des Gedichtes direkt und persönlich angesprochen. In Vers zwei wird in den Wörtern „einer irgendeiner“ der Sinn wiederholt. Dies soll verdeutlichen, dass es egal ist, welche Emotionen der Leser fühlt, bevor das lyrische Ich den Ausdruck dieser fordert. In Vers drei und vier folgt eine Anapher, welche wieder das Wort „Du“ hervorhebt. Somit wird sich wieder direkt an den Leser gerichtet, damit das lyrische Ich danach seine Forderung zu einer Handlung stellen kann, in diesem Fall eine gewalttätige.

Nach einer formalen und sprachlichen Analyse kann ich sagen, dass der Leser in dem Gedicht sehr direkt und offensichtlich angesprochen wird. Die Gewaltaufforderung ist in diesem Falle nur eine Aufforderung Emotionen zu zeigen und ihnen Ausdruck zu verleihen, egal welche Emotionen man fühlt. Somit kann man das Gedicht als eine Kritik an der modernen Gesellschaft sehen, da viele Menschen heutzutage „kalt“ sind und ihre Emotionen nicht zeigen. Sie werden in diesem Werk auf übertriebene Weise aufgefordert ihre Emotionen auch nach außen zu zeigen. An diesem Gedicht wird auch deutlich, dass – wie zu Beginn genannt – die Themen in den Werken nicht mit den Titeln dieser übereinstimmen müssen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass man sich tief in die Gedichte „reindenken“ muss, um die Zusammenhänge der Themen zu verstehen und den Gedichtband als solchen zu sehen und nicht nur die Einzelgedichte. Somit kann ich das Buch für Leute mit Erfahrung in Lyrik sowie mit Lust auf das Hinterfragen der Texte empfehlen, jedoch wird man Zeit benötigen und die Gedichte nicht zur Entspannung lesen. Für Leute mit wenig Zeit und Lust zum Nachdenken ist der Band leider aus dem Grund der schwer zu verstehenden Themen und Zusammenhänge nicht empfehlenswert.

Zu „Gedanken Zerren“ von Özlem Özgül Dündar – Anton W.

In unserer heutigen Zeit ist das Ansehen für Lyrik stark gesunken. Ich meine, wer liest heutzutage noch eine Gedichtsammlung? Lieber lesen die Leute einen guten, spannenden Roman, der davon handelt, wie eine Prostituierte sich durchs Leben schlagen muss. Das Leseinteresse hat sich stark gewandelt, der Blick richtet sich mehr auf das große Ganze als auf die Details. So geraten Gedichte und Poesie immer mehr in Vergessenheit und genau das muss verhindert werden. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns heute mit der Gedichtsammlung „Gedanken Zerren“ von Özlem Özgül Dündar.

„Gedanken Zerren“, verfasst 2019 von Özlem Özgül Dündar, ist eine Sammlung von vorwiegend nachdenklichen Gedichten und Themen. Das Buch besitzt 56 Seiten mit 42 Gedichten, wobei ein Gedicht jeweils eine Seite einnimmt. Zwischen den Seiten stehen gelegentlich kurze Sätze wie z.B. „wenn ich mich dir antaste“ oder „wenn ich n gehöre“. Auf dem Cover der Sammlung ist eine Hälfte eines Gesichts einer weiblichen Person abgebildet, die etwas betroffen nach unten blickt.
Zur näheren Betrachtung dieser Gedichtsammlung untersuchen wir das lyrische Werk „so sagt man“, zu finden auf Seite 33, etwas genauer.

Noch ist stille bei mir die still
e wie man sagt vor dem stu
rm u wenn du kommst u du
durchstreifst landschaften von
dir u mir u du wirbelst sie im
sturm u du reißt sie u zersp
litterst sie in stücke von dir u
mir u unsere körper zerspli
ttern u du durchstreifst lands
chaften u während du durchs
treifst u umwirbelst unsere s
tücke dich umwirbeln streifen
n landschaften von uns ab ab
er noch splittern wir n noch
ist stille bei mir die vor dem
sturm so sagt man

Das Gedicht „so sagt man“, verfasst 2019 (laut dem Veröffentlichungsjahr der Gedichtsammlung) thematisiert die Unruhe und das Chaos, die auftreten, wenn sich eine bestimmte Person in der Nähe des lyrischen Sprechers befindet. Deuten ließe sich das Gedicht als Mutter-Kind- bzw. Vater-Kind-Beziehung. Die Mutter und der Vater sind ruhig, bis das Kind auftritt und Chaos schafft. Dieses Szenario kann allerdings auch bei zwei sich liebenden Erwachsenen auftreten.

Formal gliedert sich das Gedicht in eine 16-zeilige strophen-und reimlose Form. Es ist kein festes Metrum vorhanden. Auffällig sind die in jedem Vers auftretenden Enjambements, sowie Wiederholungen (z.B. „durchstreifst Landschaften“). Flagrant ist weiterhin die Tatsache, dass die Autorin einzelne Buchstaben als Worte interpretieren lässt. So ist z.B. der Buchstabe „u“, das Wort „und“, der Buchstabe „n“ hingegen „nun“. Dies bereitet zu Beginn noch große Leseschwierigkeiten, die sich allerdings mit wachsendem Verständnis für die Gedichte legen. Um das Gedicht überhaupt erst einmal zu lesen, ist es also notwendig, sich über das Druckbild Gedanken zu machen, was eine kluge Idee und Strategie Dündars darstellt, die Gedichte für den Leser interessant zu gestalten.

Innerhalb des Gedichts lassen sich außerdem viele sprachlich-stilistische Mittel wiederfinden. Am häufigsten vertreten sind hierbei die Wiederholung, der Parallelismus oder die Synekdoche. Zu finden sind sie z.B. in den Versen 11, 12 oder 17. Die Verwendung dieser Mittel soll in diesen Fällen vor allem die Eindringlichkeit und das bessere Verständnis der aufgeworfenen Situation verstärken und damit die zwischenmenschliche Beziehung betonen. Das Gedicht im Allgemeinen lässt sich, wie vorhin bereits erwähnt, auf viele unterschiedliche Art und Weisen interpretieren. Im Grunde geht es darum, dass ein Chaos nach einer ruhigen Zeit eintritt. Dies lässt sich auf eine Beziehung zwischen zwei Menschen zurückführen, keine Frage, allerdings ist das bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, dieses Gedicht zu deuten. Die Variante mit der menschlichen Beziehung ist aber die simpelste.

Abschließend kann ich festhalten, dass die vorliegende Gedichtsammlung eine für den geschulten Leser ist. Begründen lässt sich diese Feststellung durch die sprachlichen Besonderheiten („u“, „n“) und auch den formalen Aufbau, bei dem einzelne Wörter nicht nach der üblichen Norm abgekürzt und getrennt wurden (z.B. „stu-rm“). Diese Auffälligkeiten kommen in so ziemlich jedem Gedicht vor. Wer sich entscheidet diesen Band käuflich zu erwerben, kann mit sehr tiefgründigen und sinnigen Gedichten rechnen, die die Gedanken eher anstrengen als sie zu entspannen, daher erfordert dieses Buch Konzentration und Nachdenklichkeit. Für Personen, die genau so eine Gedichtsammlung suchen, kann ich diese nur empfehlen.

Zu „Plastiniertes Gelände“ von Tobias Falberg – Laura P.

„Plastiniertes Gelände“ – dies ist ein Gedichtband von dem Gegenwartslyriker Tobias Falberg, welcher 1976 in der Lutherstadt Wittenberg geboren wurde (weitere Infos zu dem Autor findet ihr auf der Seite 111). Sein Gedichtband erschien in dem Jahr 2012 und wurde durch den Verlag „Edition Art Science“ veröffentlicht. Dieser Verlag wurde 1998 gegründet und setzt sich für Autor/innen-bindung und -förderung ein (www.editionas.net). Mein erster Eindruck war anfangs etwas verwundert, da sich die Gedichte nicht reimen und die Inhalte beim einmaligen Lesen unverständlich rüberkamen. Jedoch werden einige Gedichte und ihre Inhalte schlüssiger, wenn man sich mehr damit beschäftig und sie mehrmals liest.

Der Gedichtband ist ein kleines, handliches Taschenbuch in einer schönen altrosa Farbe auf dem eine Malerei abgebildet ist. Es besteht aus 112 Seiten mit insgesamt 65 Gedichten, welche in folgende sechs Themen bzw. Kapiteln eingeteilt sind, die sich zudem auch in dem Inhaltsverzeichnis wiederfinden lassen, welches am Ende des Buches abgedruckt ist. 1) Die Konserve tröpfelt 2) Fiel ein feuriger Regen 3) Im Kettenhemd der Felder 4) Plastiniertes Gelände 5) Aus dem Wirbel der Düne 6) zügelnde Furchtkörper. Für seinen Schreibstil ist prägnant, dass er in keinem Gedicht ein Reimschema verwendet und auch viele Inversionen mit einbaut (weshalb es anfänglich unverständlich wirkt). Das Fehlen von Endreimen zähle ich zu einer Auffälligkeit in diesem Band. Weiterhin ist auffällig, dass alle Gedichte bis auf drei Ausnahmen relativ kurz gehalten sind, zu diesen Ausnahmen zählt das Gedicht „Grundrecht auf Aufteilung“ (S. 16–17).

Ich habe ein Gedicht aus dem Band ausgewählt, welches ich kurz vorstellen bzw. analysieren möchte. Dieses Gedicht trägt den Titel „Tetris“ von Tobias Falberg, in dem das Problem der Verschmutzung der Meere thematisiert wird. Es berichtet ein lyrischer Sprecher über die stetig wachsende Umweltverschmutzung im Ozean durch Müll und Plastik, welche im Wasser schwimmen, sinken und sich somit am Grund ansammeln. Da der ganze Abfall immer mehr wird, lässt sich das auch auf den Titel übertragen, da Tetris ein Computer- / Handyspiel ist, bei dem der Spieler versucht, verschiedene Blöcke übereinanderzustapeln. Daher wird „Tetris“ als Metapher für den Müll und die Verschmutzung verwendet, da dieser ununterbrochen wächst. Formal betrachtet besteht das Gedicht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen, also drei Quartette mit insgesamt 12 Versen. Es liegt auch hier kein regelmäßiges Reimschema, sowie kein erkennbares Metrum vor. Aufgrund dieses nicht Vorhandenseins der Form und dadurch, dass Sätze mitten im Vers enden bzw. beginnen, wirkt das Gedicht eher wie eine Erzählung, um so den Schwerpunkt auf das Thema zu legen. Einige sprachliche Aspekte veranschaulichen zudem auch die Aussageabsicht des lyrischen Sprechers: Mit Akkumulationen (V. 1–3) zählt der lyrische Sprecher die Materialien, die die Meere verschmutzen, auf. Metaphern wie „Neuland im Ozean“ (V. 4) und „Plastikplanet“ (V. 9), wobei dies auch ein Neologismus ist, zeigen deutlich, dass der Müll unkontrolliert wächst und somit ein Land bzw. ein Planet aus Müll und Abfall entsteht. Kurz zusammengefasst soll das Gedicht das Problem der Wasserverschmutzung durch Müll und Plastik klar veranschaulichen und durch den Titel darauf aufmerksam machen. Im Folgenden findet ihr das von mir ausgewählte Gedicht „Tetris“ von Tobias Falberg.

Zähes Polypropen, kreisender Teppich aus
Kästen, Fässern und Schlauch, jeder Art Flaschen, gelb,
blau und rot auf den Wogen
wächst das Neuland im Ozean,

aufgetürmt durch den Schub steter Entsorgung. Müll
stapelt, drängt sich und sinkt, wenn er zermürbt ist, ab
in abyssische Tiefen,
setzt die Gräber und Gründe zu.

Stück für Stück sinken sie, Plastikplaneten, still
durch den schimmernden Krill, endlose Kälte, bis
schwarze Hitze sie einfängt,
einkocht: hydrothermaler Rauch.

Der Gedichtband ist ein interessanter Band mit einem schönen Cover und einem zum Überlegen anregenden Titel. Jedoch sind für mich viele der im Band abgebildeten Gedichte unverständlich und manche aufgrund der fehlenden Strukturen wie Reim, Metrum etc. schwer bzw. kompliziert zu lesen. Trotzdem würde ich den Band Interessenten für (Gegenwarts-)Lyrik weiterempfehlen, die sich gerne mit einigen schwer zu verstehenden Gedichten auseinandersetzen möchten, sich allgemein dafür interessieren und abwechslungsreiche Gedichte gerne lesen. Für mich persönlich ist es ein gelungener Band, aber wie schon genannt, mit schwer zu verstehenden Inhalten.